Eine Erbschaft erweist sich als Schlüssel zu einem dunklen Familiengeheimnis. (DR)
Über Kurt Webers Erbschaft, einem düster wirkenden Haus, umstellt von einem verwilderten Wald und dem tiefgründigen Ossiachersee zugewandt, liegt ein Geheimnis verschwiegener Familiengeschichte. Das Haus habe noch nie jemanden glücklich gemacht, konstatiert der Icherzähler, der sich viel Zeit lässt, um das Haus für sich bewohnbar zu machen, und das geht offenbar nur, indem er die Kindheitserinnerungen zulässt und dann radikal eliminiert, so wie er die Bäume, die für die Familienmitglieder stehen, nach und nach fällt.
Feindschaft umgibt ihn, die Nachbarn sind nicht nur zurückhaltend, sie drohen auch und versuchen den Erben wegzuekeln. Todesschwanger ist die gesamte Umgebung dieses Anwesens und selbst der See erscheint als letzter Anziehungspunkt für Todessehnsüchtige. Geheimnisvoller Mittelpunkt des Hauses ist das "Ludwigszimmer", in das sich zu seinen Lebzeiten Onkel Georg immer verzogen hatte und in das der Knabe niemals eintreten durfte. Nun ist es das Refugium einer alten Frau, die ungefragt als Mitbewohnerin auftaucht.
Sie und der seinem eigenen Tod entgegengehende Nachbar sind es, die endlich bruchstückhaft zu erzählen beginnen. Wie in einem Puzzle wird deutlich, was sich Anfang der 1940er Jahre in diesem Zimmer ereignet hat. Was Hotschnig zuvor erzählerisch so düster und unheilvoll aufgebaut hat, entrollt sich nun schlagartig als eine Tragödie um Liebe, politischen Widerstand und Verrat, die diesen Ludwig in das auch heute noch vielen gar nicht bekannte KZ-Arbeitslager am Loiblpass brachte.
Alois Hotschnig hat in einer sensiblen, etwas an Thomas Bernhard erinnernden Sprache, von der Verwobenheit einzelner Menschen und geschichtlicher Ereignisse geschrieben. Zunächst lässt er sich unheimlich viel Zeit, um dann im Galopp die Geschehnisse während des Nationalsozialismus aufzurollen. Während zu Beginn des Romans das Unglücklichsein an diesem Ort hervorgehoben wird, scheint sich der Protagonist nach Auflösung so vieler Rätsel eingelebt zu haben in dieses Haus mit einer Vergangenheit. (bn.bibliotheksnachrichten/Martina Lainer/www.biblio.at)
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Verlag:
Kiepenheuer & Witsch
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ISBN:
3-462-02923-1
Beschreibung:
173 Seiten
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deutsch